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„Wie viele Wochen sind in einem Tag und wie viele Jahre in einem Monat?“

Was  für  eine  bescheuerte  Frage!  Ich  sitze  vor  dem  leeren  Zettel  und  wundere  mich. Na gut, ganz leer ist der Zettel nicht - eine Frage steht ganz oben: „Wie viele Wochen sind in einem Tag und wie viele Jahre  in  einem  Monat?“  In  meinem  Kopf  entstehen  vor  allem  Gegenfragen:  „Was soll  die  Frage?  Wie  kommt  man  auf  diesen Unsinn? Und kann man das nicht einfach  ausrechnen?  Ja,  genau!  Jetzt  habe  ich  die  Antwort:  Ein  Tag  hat  ein  Siebtel  einer Woche und ein Jahr hat ein Zwölftel eines Monats. So einfach ist das.“

So  war  das,  als  ich  -  vor  Corona  -  ein  Seminar  besucht  habe.  Es  ging  bei  dem  Seminar  ums  Schreiben  und  die  ungewöhnliche Frage sollte zum Nachdenken anregen  und  zu  kreativen  Antworten.  Ich  hatte  aber  erstmal  so  meine  Schwierigkeiten  damit.  Für  mich  war  das  eine  Art  Mathe-Aufgabe  aus  der  Schule:  Einfach  die Gleichung umstellen und dann ist die Lösung  offensichtlich.  Der  Gedanke,  für  den ich damals etwas länger brauchte, ist heute für mich völlig offensichtlich: So einfach ist es nicht mit der Zeit.

Seit März letzten Jahres vergeht die Zeit spürbar anders. Es ist irgendwie weniger passiert  in  diesem  Jahr:  Wir  haben  weniger  Menschen  getroffen  und  viele  Ver-anstaltungen  mussten  ausfallen  oder  auf  unbestimmte   Zeit   verschoben   werden.   Stattdessen haben wir Zeit zu Hause verbracht.  Einige  haben  von  zu  Hause  gearbeitet, bei anderen ging das nicht. Und viele  konnten  ihren  Freizeitbeschäftigun-gen  nicht  nachgehen  und  haben  so  den  einen oder anderen Abend mehr auf dem Sofa verbracht.

Ich jedenfalls habe im vergangenen Jahr weniger erlebt als in vielen anderen Jahren.  Manchmal  hat  es  sich  gezogen  und  die  Tage  haben  lange  gedauert.  Es  war  eine  langsame  Zeit.  Und  ich  kann  es  kaum  erwarten,  dass  die  Zeiten  wieder  etwas schneller werden. Es muss ja nicht gleich  ganz  hektisch  sein.  Aber  ich  freue  mich auf Abende, die wie im Flug verge-hen,  und  auf  Wochen,  die  schon  vorbei  sind, wenn gefühlt erst Dienstag ist. Und manchmal werde ich ungeduldig.

Dann  denke  ich  an  ein  Bibelwort:  „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“ (Pred  3,  1)  Es  gibt  im  Leben  Gutes  und  Schlechtes,   Schönes   und   Hässliches.   Und  beide  Seiten  haben  ihren  Platz,  ob  uns  das  gefällt  oder  nicht.  Und  es  heißt  dort  auch  „weinen  hat  seine  Zeit,  lachen  hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit.“ Wir haben jetzt schon lange mit dieser schwierigen Situation zu tun.  Aber  diese  Verse  können  daran  erinnern:  Lachen  und  Tanzen  werden  wieder ihre Zeit haben. Und darauf freue ich mich.

Dann wird es wieder viele Tage geben, in denen die Erlebnisse für eine ganze Woche reichen. Und dann wird es wieder Wochen  geben,  in  denen  mehr  passiert  als  in  manchem  Corona-Monat.  Aber  noch  ist  es  nicht  so  weit.  Ein  bisschen werde ich darauf wohl noch warten müssen. Alles zu seiner Zeit.

Diakon Niklas Renken